Erdnuss- und Baumnuss-Allergien
Lernziele
Nach Abschluss dieses Moduls können die Teilnehmer:
- Erklären, welche Komponenten in der komponentenbasierten Diagnostik (CRD) eingesetzt werden, um die Diagnose und das Allergiemanagement bei Erdnuss- und Baumnuss-Allergien zu unterstützen.
- Die verschiedenen Kreuzreaktionen, die zwischen Erdnüssen, Baumnüssen und anderen Allergenquellen auftreten können, erläutern.
Nussallergien
- Nüsse sind ein wichtiger Bestandteil in sämtlichen Ernährungsformen auf der ganzen Welt. In Europa werden sie vor allem ganz und ggf. geröstet gegessen, als Nussbutter oder Zutaten in Nahrungsmittelprodukten.1
- Erdnüsse gehören allerdings zu den Leguminosen (Hülsenfrüchten), im Gegensatz zu den anderen Nüssen; entsprechende Allergien betreffen laut Studien 0,2 % der europäischen Bevölkerung.2
- Allergien können auch durch Baumnüsse wie Haselnüsse, Cashew-Kerne oder Walnüsse ausgelöst werden.3
- 15,7 % der erwachsenen Population in Deutschland reagieren allergisch auf Haselnüsse.4
- Es gibt ganz allgemein zwei Arten von Nussallergien:5
- Primäre Nussallergie – eine systemische, häufig schwere Reaktion auf Nüsse von Patienten, die gegen Speicherproteine sensibilisiert sind, was sich üblicherweise schon in jungen Jahren entwickelt
- Pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie – eine Erkrankung, die durch Nüsse ausgelöst werden kann und zu im Allgemeinen leichten oralen/pharyngalen Symptomen aufgrund einer Pollensensibilisierung führt
- In Nord- und Mitteleuropa sind Reaktionen auf Haselnuss häufig auf eine Birkenpollen-Allergie zurückzuführen.6
- Die Allergenität von Nüssen kann sich durch deren Verarbeitung ändern. Die Röstung bei hohen Temperaturen führt z. B. zu einer erhöhten Allergenität von Ara h 1 (Erdnuss), da sich dadurch globuläre Proteinaggregate bilden.7
Allergene in Haselnüssen, Erdnüssen und Cashew-Kernen1
Allergenität von Nussallergenen
Kreuzreaktivität bei Nussallergenen
Folgende Kreuzreaktionen wurden für Erdnüsse, Haselnüsse und Cashew-Kerne festgestellt:
Komponentenbasierte Diagnostik bei Nussallergien
Das Potenzial der komponentenbasierten Diagnostik (CRD) in der Routine-Diagnostik für Erdnuss- und Baumnuss-Allergien wurde umfassend untersucht.6,28,29
Die CRD bietet im Allgemeinen Folgendes:
- Bestimmung von Spezies-spezifischen Markerallergenen, die auf eine primäre Sensibilisierung hinweisen können, z. B. Cor a 14 (Haselnuss) oder Ara h 2 (Erdnuss)20
- Diskriminierung zwischen Kreuzreaktionen, die klinische Symptome hervorrufen können, z. B. Kreuzreaktionen in Bezug auf Bet v 1 und Cor a 1 (sehr häufig bei Birkenpollen-Allergikern). Dies erlaubt eine Unterscheidung zwischen einer pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie und einer echten Nussallergie20
- Reduzierung der Anzahl von oralen Nahrungsmittel-Provokationen28,29
Alle Ergebnisse sind immer vor dem Hintergrund der Krankengeschichte und der Symptome zu interpretieren.
CRD bei Erdnuss- und Baumnuss-Allergien
Erdnuss (Arachis hypogaea)
- Ara h 1, Ara h 2 und Ara h 3 können als primäre, Spezies-spezifische Sensibilisierungsmarker eingesetzt werden, wenn spezifisches IgE gegen Speicherproteine aus anderen Leguminosen negativ oder signifikant niedriger ist.20 In einigen mediterranen Populationen kann allerdings eine Sensibilisierung gegen Ara h 9 eine höhere Prävalenz haben.11
- Eine Querschnittstudie an Kindern und Jugendlichen zeigte beispielsweise, dass eine Sensibilisierung auf Ara h 9 bei älteren Kindern (6-10 Jahre) und Jugendlichen (11-20 Jahre) häufiger und bei kleinen Kindern (1-5 Jahre) seltener vorlag. In Bezug auf Ara h 2 war diese Tendenz genau umgekehrt.12
- Eine IgE-Sensibilisierung gegen Ara h 5 und Ara h 8 ist mit Kreuzreaktionen gegen Profilin bzw. PR-10 Proteine assoziiert.20
Haselnuss (Corylus avellane)20
- Eine IgE-Sensibilisierung gegen Cor a 9 und Cor a 14 bei einer Haselnuss-Allergie kann als primärer Spezies-spezifischer Allergenmarker verwendet werden, wenn spezifisches IgE gegen Speicherproteine (2S-Albumin, 7S/11S-Globulin) aus anderen Baumnüssen, Leguminosen oder Samen signifikant niedriger ist.
- Eine IgE-Sensibilisierung gegen Cor a 8 bei (südeuropäischen) Patienten mit Nahrungsmittelallergien und systemischen Reaktionen kann mit einer primären Cor a 8 assoziierten Sensibilisierung oder einer nsLTP-Kreuzreaktion assoziiert sein.
- Bei Birkenpollen-Allergikern (z. B. aus Nord- oder Mitteleuropa) mit weitgehend leichten oralen Symptomen ist eine Kreuzreaktion auf Cor a 1 häufig.
Cashew-Kerne (Anacardium occidentale)
- Spezifisches IgE gegen Ana o 3 kann zur Vorhersage einer klinisch relevanten Allergie gegen Cashew-Kerne herangezogen werden.18
Zusammenfassung
- Eine Sensibilisierung gegen Ara h 2 wird als bester Prädiktor für eine primäre Erdnussallergie, die mit systemischen allergischen Reaktionen assoziiert ist, angesehen; allerdings könnte Ara h 9 ein besserer prädiktiver Marker für südeuropäische Populationen sein.
- Eine Sensibilisierung gegen die Erdnussallergene Ara h 8 und Ara h 5 kann ein Indikator für eine Kreuzreaktivität sein.
- Cor a 9 und Cor a 14 sind primäre Spezies-spezifische Allergenmarker für Haselnuss; eine Sensibilisierung gegen Cor a 8 kann für südeuropäische Personen allerdings auch von Relevanz sein.
- Eine Sensibilisierung gegen das Haselnussallergen Cor a 1 kann ein Indikator für eine Kreuzreaktivität sein.
- Eine Sensibilisierung gegen Ana o 3 wird als bester Prädiktor für eine Allergie gegen Cashew-Kerne angesehen.
- Die komponentenbasierte Diagnostik kann eingesetzt werden, um die Sensibilisierung gegen Spezies-spezifische Allergenmarker für einzelne Nüsse festzustellen und um eine primäre Nussallergie von einer pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie zu unterscheiden.
- Mit der komponentenbasierten Diagnostik kann außerdem die Anzahl der durchgeführten oralen Nahrungsmittel-Provokationen reduziert werden.
Quellen
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