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Einführung in Allergien und Diagnose

Lernziele

Nach diesem Kapitel können die Teilnehmer:

  • Tests benennen, welche zur Unterstützung der Allergiediagnose verfügbar sind
  • Wiedergeben, was Leitlinien für die Allergiediagnostik empfehlen
  • Die wichtigsten Konzepte und Anwendungen molekularer Allergiediagnostik für die klinische Diagnose von Allergien wiedergeben

Eine kurze Einführung in die Allergie

  • Eine Allergie ist eine unerwünschte immunologische Überempfindlichkeit auf harmlose Fremdkörper, die zu mehreren Krankheitstypen führen kann.1
    • Die auslösenden Fremdkörper, hauptsächlich Proteine, werden Allergene genannt und kommen in verschiedenen Geweben, Stoffen, Nahrungsmitteln und Organismen vor.2
  • Die Ausprägungen einer Allergie reichen von relativ milden Symptomen wie Urtikaria, Keuchen und Niesen bis zu schweren und lebensbedrohlichen Symptomen wie Anaphylaxie1
  • Die Europäische Akademie für Allergologie und klinische Immunologie (EAACI) hat Verbesserungen bei der Prävention, Diagnose und Behandlung von Allergien gefordert.3

Krankheitsbelastung3

Allergien sind die häufigsten chronischen Erkrankung in Europa.
150 Millionen EU-Bürger haben eine chronischen Allergieerkrankungen und bis 2025 werden mehr als 50% aller Europäer an einer Allergie leiden.

  • Es gibt europaweit große Unterschiede in Bezug auf Allergiebehandlungen und den Zugang zu Fachkräften des Gesundheitswesens.
  • Etwa die Hälfte aller in Europa identifizierten Allergiker wird in der hausärztlichen Versorgung behandelt, es gibt jedoch Unterschiede im Ausbildungsniveau.
  • Allergien sollten nicht unterschätzt werden, insbesondere wenn das Risiko einer Anaphylaxie besteht. Sie haben das Potenzial, die Lebensqualität, die schulische Leistung, die berufliche Karriere und die persönliche Entwicklung maßgeblich zu beeinflussen.
  • Darüber hinaus liegen die Schätzungen für die vermeidbaren indirekten Kosten, die in der EU durch unzureichend behandelte Allergien verursacht werden, zwischen 55 und 151 Mrd. EUR pro Jahr.
  • Bei richtiger Behandlung, die auf einer genauen Diagnose beruht, könnten geschätzte 142 Mrd. EUR pro Jahr eingespart werden.

Wie entwickelt sich eine Allergie?4-6

Kreuzreaktivität versus Co-Sensibilisierung

  • Die meisten Allergene sind Proteine, die aufgrund von Ähnlichkeiten innerhalb ihrer Aminosäuresequenz und Proteinstruktur zu einer ausgewählten Anzahl von Proteinfamilien gehören, einschließlich:
    • Polcalcin-, Profilin-, Serumalbumin-, Lipocalin-, Parvalbumin-, Speicherprotein-, PR-10 und unspezifische Lipidtransfer-Proteinfamilie7
  • Kreuzreaktive Immunreaktionen können bei Proteinen aus derselben Proteinfamilie auftreten. Der Grund hierfür ist, dass Antikörper gegen ein bestimmtes Protein auch an andere, strukturell verwandte Proteine binden und eine Immunreaktion auslösen können.8
    • Ein Beispiel hierfür ist das Birkenpollenallergen Bet v 1 mit strukturell verwandten Proteinen in Äpfeln, Kirschen, Pfirsichen, an Bäumen wachsenden Nüssen, Karotten und Sojabohnen.8
  • Kreuzreaktivitäten können häufig die Ergebnisse herkömmlicher Allergensensibilisierungstests verfälschen. Dies kann die Identifizierung des auslösenden Allergens zu einer Herausforderung machen.9
  • Patienten können sich auch gegen mehrere Allergene sensibilisieren (wenn Sensibilisierungen nicht aufgrund von Kreuzreaktion vorliegen). Dies wird als Co- oder Polysensibilisierung definiert.10

Antikörper können mit nicht verwandten Antigenen in Proteinen kreuzreagieren, wenn sie identische oder ähnliche Epitope aufweisen

Welcher Ansatz ist der optimale für eine akkurate Diagnose?

  • Seit in den 1960er Jahren Immunglobulin E (IgE) als Hauptmediator der allergischen Reaktion erkannt wurde, werden „allergenspezifische“ Diagnosen erstellt, um die Patientenbehandlung zu unterstützen.2,8
  • Der erste Schritt bei der Diagnose einer Allergie sollte jedoch immer die Erfassung einer detaillierten Krankengeschichte und körperlichen Untersuchung sein. Dies erleichtert die Auswahl der richtigen Tests.11,12
  • Eine Krankengeschichte sollte enthalten:13
    • Art, Schweregrad und Dauer der Symptome
    • Zeitpunkt des Einsetzens
    • Verbindung der Symptome mit Zeit, Ort, Hobbys, Arbeit etc.
    • Familiäre und persönliche Vorgeschichte mit Allergien
    • Jedwede neue Einflüsse wie z. B. Nahrungsmittel, Haustiere, Arzneimittel.
  • Körperliche Untersuchungen sind häufig spezifisch für die Symptome und die vermutete Allergie des Patienten.12,14 Es sollte jedoch berücksichtigt werden, dass die Symptome möglicherweise zum Untersuchungszeitpunkt abgeklungen sind, weshalb die Krankengeschichte von entscheidender Bedeutung ist.
  • Ein Allergensensibilisierungstest kann den diagnostischen Prozess weiter unterstützen und unterscheiden, ob die Symptome eines Patienten durch eine allergische Erkrankung oder eine andere Ursache erklärbar sind.12

Konventionelle Allergensensibilisierungstests

  • Konventionelle Allergensensibilisierungstests umfassen Tests auf Allergenreaktivität oder die Identifizierung von IgE im Blut: 8
    • Haut-Prick-Test: Ein kleines, mit verdünntem Allergen beschichtetes Einwegkunststoffgerät wird verwendet, um die Haut anzustechen und etwaige Reaktivitäten darauf werden beobachtet.15
    • Oraler Provokationstest: Nahrungsmittel, die das vermutete Allergen enthalten, werden einem Patienten in kontrollierter Umgebung in steigender Dosis verabreicht und etwaige Reaktivität beobachtet.2,16
    • Spezifisches IgE (sIgE) -Test: Eine Blutprobe wird entnommen und auf spezifische IgE-Antikörper gegen Allergengesamtextrakte getestet.11
  • Die Berücksichtigung der Umstände ist wichtig:
    • Obwohl der Haut-Prick-Test einfach zu sein scheint, muss er von geschultem Personal durchgeführt werden, das die Variablen und Risiken des Testverfahrens kennt.12,15
      • Das Risiko einer Anaphylaxie ist gering, aber unvorhersehbar. Daher sollten die richtigen Vorkehrungen getroffen (z. B. Sauerstoff, Kanülenausrüstung, Adrenalininjektoren) und entsprechend geschultes Personal anwesend sein.2,16–18
      • Es gibt Unterschiede in der Art und Weise, wie der Hauttest durchgeführt, interpretiert und dokumentiert wird.12
      • Die Ergebnisse können je nach Jahreszeit, Körperstelle, Gerät und Allergenextrakt variieren.12
    • Spezifische IgE-Tests sind für Hausärzte möglicherweise leichter zugänglich und durchführbar, da für diese eine einzige Blutabnahme erforderlich ist und das Personal nicht für die Durchführung geschult werden muss. Es besteht keine Gefahr für den Patienten, da eine direkte Allergenexposition vermieden wird. Die Ergebnisse werden nicht dadurch beeinflusst, dass der Patient ein Antihistaminikum eingenommen hat.12

Fortschritte in der Allergiediagnostik: Molekulare Allergologie

  • Konventionelle Allergensensibilisierungstests wie Haut-Prick-Tests und Bluttests auf spezifisches IgE erkennen Hautreaktionen bzw. spezifisches IgE-Antikörper gegen Extrakte einer Allergenquelle, die sowohl allergene als auch nicht allergene Komponenten enthalten.8
  • Methodologische und technologische Fortschritte in der Proteinbiochemie und Molekularbiologie haben zur Produktion rekombinanter und aufgereinigter, natürlicher Allergene für die Diagnose, im Folgenden Allergenkomponenten genannt, geführt.8
  • Im Vergleich zu herkömmlichen Techniken bietet die Verwendung von Allergenkomponenten eine höhere Spezifität, Sensitivität und die Fähigkeit, primäre Sensibilisierung von Kreuzreaktivität zu unterscheiden.8
    • Kreuzreaktivität kann zu falsch-positiven Ergebnissen führen, die wiederum zu ineffizienten Behandlungsstrategien führen können.
  • Die über 130 erhältlichen Allergenkomponenten haben zur Entwicklung eines neuen diagnostischen Hilfsmittels geführt: Der komponentenbasierte Diagnostik (component-resolved diagnostics, kurz CRD).2
  • CRD ist der Einsatz einzelner Allergenkomponenten in einem Assay, um spezifisches IgE gegen diese Allergenkomponenten zu bestimmen.
    • Dies kann geschehen als:7,8
      • Singleplex-Assay – mit einer Allergenkomponente pro Probe
      • Multiplex-Assay – gleichzeitige Testung mehrerer Allergenkomponenten pro Probe

Diagnostische Algorithmen einschließlich CRD7

Vorteile der komponentenbasierten Diagnostik

  • Zum Beispiel kann CRD verwendet werden, um:
    • Ein spezifisches Allergenkomponenten-Sensibilisierungsprofil des Patienten zu erstellen, einschließlich primärer (echter) Sensibilisierungen und Kreuzreaktivitäten19,20
    • Bei der Auswahl der passenden spezifischen Immuntherapie für den Patienten zu helfen21
    • Möglicherweise nicht sofort Provokationstests zu benötigen22,23
    • Patienten auf Allergenkomponenten geringer Menge und/oder schwacher Stabilität zu testen, die in Allergen-Gesamtextrakten fehlen.8

Bei der Verwendung von CRD zu beachtende Aspekte

CRD bietet zusätzliche Vorteile gegenüber der Diagnostik mit Allergenextrakten, jedoch sollten bei der Auswertung der Ergebnisse mehrere Punkte beachtet werden:

  • Die Krankengeschichte und Symptome der Patienten sollten herangezogen werden, um die korrekten Allergenkomponenten für Singleplex-Tests auszuwählen.12,19
    • Dadurch wird sichergestellt, dass die Ergebnisse im Zusammenhang mit der Krankengeschichte des Patienten stehen.
  • Ein positives Ergebnis für eine IgE-Sensibilisierung gegen eine Allergenkomponente impliziert keine klinische Relevanz dieses Allergens.
    • Es müssen ebenfalls relevante Symptome und eine passende Krankengeschichte vorhanden sein, um von klinischer Relevanz sprechen zu können.12
  • Ergebnisse eines Patienten können nicht auf den Rest der Population übertragen werden. Dies ist ein personalisiertes diagnostisches Hilfsmittel.19
  • Wenn spezifisches IgE nicht im Serum nachgewiesen werden kann, ist eine Sensibilisierung ausgeschlossen.8
    • Jedoch müssen die folgenden Faktoren erfüllt sein: Gesamt-IgE-Spiegel im Serum > 20 kU/l und die Eignung der Allergenkomponente bezogen auf Diagnose und Sensitivität der IgE-Testmethode wurde geprüft
  • Multiplex-Assays können bei niedrigen IgE-Spiegeln im Serum weniger empfindlich als Singleplex-Assays sein.20

Quellenangaben

  1. Akdis CA, Agache I. (Editors). Global Atlas of Allergy. 2014. Zurich: European Academy of Allergy and Clinical Immunology.
  2. Canonica GW et al. World Allergy Organ J. 2013;6(1):17.
  3. European Academy of Allergy and Clinical Immunology. https://www.eaaci.org/documents/EAACI_Advocacy_Manifesto.pdf (accessed May 2019)
  4. Yoo Y et al. Curr Allergy Asthma Rep. 2014;14(10):465.
  5. Actor J. Elsevier’s Integrated Review Immunology and Microbiology. 2011. Adaptive Immune Response and Hypersensitivity. Saunders
  6. Simpson EL et al. N Engl J Med. 2017;376(11):1090–1.
  7. Matricardi PM et al. (Editors). Molecular Allergology User’s Guide. 2016. Zurich: European Academy of Allergy and Clinical Immunology.
  8. Kleine-Tebbe J, Jakob T. (Editors). Molecular Allergy Diagnostics. 2015. Cham: Springer International Publishing.
  9. Sicherer S. J Allergy Clin Immunol. 2001;108(6):881–90.
  10. Migueres M et al. Clinical and Translational Allergy. 2014;4:16.
  11. Mahmoudi M (Editor). Allergy and Asthma. 2016. Cham: Springer International Publishing.
  12. Portnoy JM. Mo Med 2011;108(5):339–343.
  13. Royal College of Paediatrics and Child Health. https://www.rcpch.ac.uk/sites/default/files/Taking_an_Allergy_Focused_Clinical_History_-_Allergy_Care_Pathways_Project.pdf (accessed May 2018).
  14. Quillen DM, Feller DB. Am Fam Physician. 2006;73(9):1583–90.
  15. American College of Allergy, Asthma and Immunology. https://acaai.org/allergies/treatment/allergy-testing/skin-test (accessed May 2019).
  16. Lancashire Teaching Hospitals. https://www.lancsteachinghospitals.nhs.uk/download.cfm?doc=docm93jijm4n3853.pdf&ver=7772 (accessed May 2019).
  17. Liccardi G et al. J Investig Allergol Clin Immunol. 2006;16(2):75–8.
  18. Australasian Society of Clinical Immunology and Allergy.
    https://www.allergy.org.au/images/stories/pospapers/ASCIA_SPT_Manual_March_2016.pdf (accessed May 2019).
  19. Dodig S, Cepelak I. Biochemia Medica. 2018;28(2):020501
  20. Jakob T et al. Allergo J Int. 2015;24:320–32.
  21. Stringari G. J Allergy Clin Immunol. 2014;134(1):75–81.
  22. Dang TD et al. J Allergy Clin Immunol. 2012;129(4):1056–63.
  23. Rajput S et al. J Allergy Clin Immunol. 2018;141(1):457–8.
 
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